SimLive wird an der Hochschule Esslingen entwickelt und wird im Rahmen des Projekts „Digitalisierung Didaktisch Denken D^3“ für Simulation und digitale Zwillinge in der Lehre eingesetzt.
Im Teilprojekt 4 „Digitale Zwillinge mechatronischer Systeme“ werden Laborversuche aus dem Bereich Robotik und Automatisierungstechnik mit digitalen Methoden abgebildet und Simulationen im Modul „Technische Mechanik“ durchgeführt. Dazu kommt die an der Hochschule Esslingen entwickelte Software SimLive zur 3D-Simulation digitaler Zwillinge zum Einsatz.
SimLive basiert auf der Methode der finiten Elemente und ist zur Simulation nichtlinearer mechanischer Systeme aus dem Bereich der Statik und Dynamik geeignet. Die Modellierung, Berechnung und Auswertung findet in derselben Oberfläche statt und zeichnet sich insbesondere durch einfache Bedienbarkeit und anschauliche Darstellung der Ergebnisse aus. Als Programmiersprache wird Java verwendet, was die Software universell einsetzbar macht.
Die Software wird laufend unter didaktischen Aspekten weiterentwickelt. Erste Erfahrungen bezüglich des Einsatzes in der Lehre zeigen, dass Studierende mit SimLive in der Lage sind, digitale Zwillinge besonders effizient erstellen zu können und somit die Möglichkeit haben komplexe Problemlösefähigkeiten zu erlangen.
Die aktuellen Arbeiten bestehen im Abgleich von digitalen Zwillingen mit Laborversuchen. Dazu werden 4-Achs-Roboter genutzt, die durch die digitalen Zwillinge steuerbar sind. Das Verhalten der physischen Versuche wird mit Kameras gefilmt und mit dem virtuellen Ergebnis verglichen. Als Anwendungsfall wird das Handling von Blechteilen betrachtet. Dies erfordert eine Modellierung mit Balken- und Schalenelementen, Gelenken, Gravitation, Kontakt und Reibung.
Die Nutzung der Software SimLive ist nicht als Ersatz für die Laborarbeit gedacht, sondern vielmehr als ein Beispiel für die Nutzung von Simulationen und digitalen Zwillingen. Es wird schnell deutlich, dass Laborversuche nicht eins-zu-eins digital abgebildet werden können. Die Modelle enthalten erhebliche Restriktionen und sind nur innerhalb enger Grenzen gültig – selbst dann, wenn ein großer Aufwand bei der Modellierung betrieben wird. Zudem sind Simulationen und digitale Zwillinge heutzutage sowieso häufig inhärente Bestandteile der Realversuche. Digitale Zwillinge sind dann insbesondere dafür geeignet zu zeigen, wo die Grenzen der Simulation liegen, wie derartige Modelle eigentlich entstehen und in welchen Szenarien sie in der Praxis sinnvoll eingesetzt werden können.
In den Ingenieurwissenschaften ist ein dozentenorientierter Lehrstil immer noch sehr weit verbreitet. Die besondere Stärke der skizzierten Vorgehensweise liegt darin, die Studierenden früh an Simulationsmethoden und digitale Zwillinge heranzuführen und im Sinne des handlungsorientierten Unterrichts zu aktivieren. Die Nutzung kommerzieller Programmpakete für denselben Zweck erfolgt meist erst gegen Ende des Studiums und geschieht häufig im Rahmen von Projekt- oder Abschlussarbeiten.
Ein Vergleich mit an der Hochschule Esslingen verfügbaren kommerziellen Simulationsprogrammen zeigt zudem, dass die Nutzung von SimLive für viele Anwendungen wesentlich unkomplizierter und schneller ist. Bei der Nutzung von z.B. Ansys benötigt man gültige Lizenzen, die über einen Server erreichbar sein müssen. Das Hochfahren der Software dauert deutlich länger, außerdem müssen bestimmte Programmteile während der Benutzung nachgeladen werden. Ansys ist auch an den Rechnern der Hochschule Esslingen nicht überall verfügbar. Während der Benutzung kommt es gelegentlich zu Fehlern, wenn die verschiedenen Programmteile nicht korrekt miteinander kommunizieren oder die Verbindung zum Lizenzserver abgebrochen ist. Zudem ist die Bedienung von Ansys ausgesprochen kompliziert. Bei der Arbeit mit SimLive treten diese Probleme in wesentlich geringerem Maße bzw. gar nicht auf.
Die Arbeit mit Simulationsmethoden wirkt auf viele Studierende durchaus motivierend, da gerade zu Beginn des Studiums die händische Berechnung von Aufgaben als eher trocken empfunden wird. Die gewählten Beispiele dürfen dabei nicht zu einfach sein, da ansonsten kein motivierender Erkenntnisprozess stattfindet. Sind die Beispiele zu komplex oder zu langwierig, so kann sich dies ebenfalls negativ auf die Motivation auswirken. Es braucht also das richtige Maß an Herausforderung.
Es ist angedacht, diese Zusammenhänge unter Berücksichtigung weiterer Wirkfaktoren in Zusammenarbeit mit der Empirischen Bildungsforschung zu evaluieren. Dazu kommen didaktische Methoden und Analyseverfahren zum Einsatz.
Lieber Kollege Fritsche,
herzlichen Dank. Ich bin gespannt auf weitere Untersuchungen.
Viele Grüße
Miriam Clincy
Lieber Kollege Fritsche,
vielen Dank fürs Teilen, auch für das anschauliche Video.
Ich finde es spannend, dass Sie das Tool nutzen, um handlungsorientiert zu lehren und den Studierenden auch die Grenzen von Simulationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Mich würde interessieren, wie Sie SimLive in der Lehre genau einsetzen – in Praktika parallel zu Versuchen, in der Vorlesungen oder in Projektarbeiten? Wie aufwändig ist es für die Studierenden, sich einzuarbeiten ? Haben Sie einen fertigen Lehrgang und/oder können die Studierenden selbständig damit tätig werden? Gibt es „Vergleichswerte“ zu anderen Herangehensweisen?
Rückmeldung gerne über den Blog oder auch per Email.
Herzliche Grüße aus Edinburgh
Miriam Clincy
Liebe Kollegin Clincy,
aktuell setze ich SimLive im Labor „Produktentwicklung 2“ im Studiengang Mechatronik ein und in der Vorlesung „Technische Mechanik“ im Studiengang Automatisierungstechnik und Produktionsinformatik. Während der Vorlesung können die Studierenden die Software dazu auf ihren eigenen Geräten nutzen.
Der Aufwand der Einarbeitung hängt stark davon ab, was man modellieren möchte. Die Erstellung einfacher Beispiele ist in wenigen Minuten erlernt. Komplexere Beispiele – wie die gezeigten Roboter – nehmen ca. eine halbe Stunde in Anspruch, wenn Grundlagen der Mechanik bekannt sind und die CAD-Geometrie vorliegt.
Ein Tutorial existiert leider noch nicht. Meist mache ich eine Einführung, bei der die Studierenden die einzelnen Schritte direkt nachvollziehen sollen.
Viele Grüße,
David Fritsche